von
Frank Thilo
Lars Eilebrecht
Olaf Arndt
In unserer Ausarbeitung wollen wir den Zusammenhang zwischen dem Wechselkurssystem im Europäischen Währungssystem und dessen Auswirkungen auf die Inflation im allgemeinen und insbesondere auf die Inflation in Deutschland untersuchen.
Dazu wird zuerst eine kurze Einleitung über Wechselkurse bzw. Wechselkurssysteme und deren Vor- und Nachteile gegeben. Weiterhin werden die historische Entwicklung sowie die Ziele und die zur Erreichung der Ziele vorhandenen Bausteine des EWS erläutert.
Anschließend gehen wir dann auf die unterschiedlichen Auswirkungen des EWS auf die Inflation in Deutschland ein.
2. Der Wechselkurs
2. 1 Grundlagen
2.1.1 Wesen des Wechselkurses
Da die meisten Nationen ein selbständiges Wirtschaftsystem besitzen, haben sich in ihnen unterschiedliche monetäre Systeme entwickelt, d.h. jede Nation hat ihre eigene Währung. Dadurch verkomplizieren sich Transaktionen zwischen diesen Nationen. Beispielsweise muß sich ein deutsches Unternehmen, daß Waren in die USA exportiert, darüber Gedanken machen, wieviel DM es für die in Dollar erhaltene Zahlung jeweils bekommt. Dies ist eine Überlegung, die bei Verkauf im Inland nicht auftritt. Um Fragen dieser Art beantworten zu können, wird der Wechselkurs benötigt. Der Wechselkurs ist hierbei ganz einfach der Preis einer ausländischen Währung (ausgedrückt in inländischen Währungseinheiten), also z.B. 0,25DM pro Franc. Ebensogut läßt sich der Wechselkurs natürlich auch aus Sicht der anderen Nation ausdrücken, im Beispiel wäre der Kurs dann 4 Francs) pro DM.
Ein sehr wichtiger Aspekt ist, daß sich Wechselkurse nicht ebenso verhalten wie Umrechnungsfaktoren zwischen Maßeinheiten wie Zentimeter und Inch (oder wie der Faktor 100 zwischen DM und Pfennig), so daß unterschiedliche Währungen nur verschiedene Systeme zur Messung des Wertes einer Ware und als solche beliebig austauschbar (und letztendlich überflüssig) wären. Statt dessen sind sie aber Preise, die Veränderungen unterliegen.
2.1.2 Kursverbesserung, - verschlechterung, Auf- und Abwertung
Für Änderungen der Wechselkurse haben sich bestimmte Namen etabliert. So spricht man von einer Kursverbesserung, wenn eine Währung in ausländischen Währungseinheiten ausgedrückt an Wert gewinnt, d.h. wenn weniger inländische Währungseinheiten notwendig sind, um eine ausländische Währungseinheit zu erwerben. Entsprechend tritt eine Kursverschlechterung ein, wenn ein Rückgang des in ausländischer Währung ausgedrückten Wertes der Währung auftritt, es werden mehr inländische Währungseinheiten benötigt, um ausländische Währung zu kaufen.
Wie man sieht, beziehen sich Kursverbesserung und Kursverschlechterung in der Regel auf das Verhältnis zweier Währungen untereinander. Wenn sich der französisch- deutsche Wechselkurs von 0.25DM pro Franc auf 0.30DM pro Franc ändert, so hat der Franc in Relation zur DM eine Kursverbesserung erfahren und die DM eine entsprechende Kursverschlechterung in bezug zum Franc. Es kann allerdings sinnvoll sein, von einer aboluten Kursverbesserung oder Kursverschlechterung zu sprechen, wenn sich der Kurs einer Währung relativ zu vielen anderen Währungen gleichmäßig geändert hat.
Im Gegensatz zu Kursverbesserung und Kursverschlechterung beziehen sich die Begriffe Auf- und Abwertung nicht auf andere Währungen, sondern auf den sogenannten monetären Standard (z.B. Gold) einer Währung. Hierbei entspricht eine Aufwertung einem Anst~!des Wertes einer Währung bezogen auf ihren monetären Standard. Aus der Sicht eines Währungsbesitzers hat also der monetäre Standard an Wert verloren. Entsprechend sinkt bei einer Abwertung der Wert der Währung in Relation zum Standard.
2.2 Wechselkurssysteme
2.2.1 Allgemeines
Ein Wechselkurssystem ist eine zwischen mehreren Nationen mit unterschiedlichen monetären Systemen getroffene Vereinbarung, die festlegt, wie die Wechselkurse zu bestimmen sind und auf welche Art Zahlungen zwischen den Nationen ausgeglichen werden. Dabei unterscheidet man im wesentlichen fünf verschiedene Systeme.
2.2.2 Die unterschiedlichen Svsteme
Es gibt zunächst folgende zwei Grundsysteme:
. Feste Wechselkurse
In diesem System sind die Wechselkurse(permanent) fixiert. Die Behörden jedes Landes kaufen und verkaufen intemationale Reserven entsprechend zu einem festen Preis, um Ungleichgewichte zwischen Angebot und Nachfrage nach den Währungen auszugleichen.
. Schwankende Wechselkurse
Die Wechselkurse passen sich entsprechend Angebot und Nachfrage frei auf privaten Märkten an. Die Behörden intervenieren in keiner Weise, es werden keine Währungen gegen intemationale Reserven getauscht.
Aus den beiden Grundsystemen lassen sich folgende hybride Systeme kombinieren:
. Stufenflexible Wechselkurse (adjustable peg)
Dieses System ist ähnlich dem der festen Wechselkurse: Die Behörden kaufen und verkaufen nationale Währungen gegen intemationale Reserven zu einem festen Preis (dem sogenannten peg). Dieser Preis kann nun allerdings von Zeit zu Zeit neu angepaßt werden, um entstandene große Ungleichgewicht zu beheben.
. Gemanagtes Floaten
Ebenso wie bei frei schwankenden Wechselkursen, werden von den Behörden keine Preise für die Währungen fixiert. Aber trotzdem kaufen und verkaufen sie die Währung gegen internationale Reserven, um den Wechselkurs zu beeinflussen.
Neben den vier genannten Systemen ist noch das Folgende von Bedeutung:
. Devisenkontrollen
In diesem System laufen sämtliche monetären Transaktionen über die nationalen Behörden, d.h. die Bürger müssen sich an den Staat wenden, um ausländische gegen inländische Währungen zu tauschen. Der Wechselkurs kann dabei im einzelnen aufgrund politischer Motivationen festgelegt werden, z.B. um den Handel mit bestimmten Nationen zu manipulieren.
2.2.3 Vor- und Nachteile der Systeme
Devisenkontrollen sind ein Mittel starker wirtschaftlicher Kontrolle. Als solche sind sie besonders für solche Regierungen attraktiv, die politische und wirtschaftliche Ziele verfolgen, die denen des freien Marktes entgegenstehen. Als Nachteile können Ungerechtigkeiten, Ineffizienz, das Entstehen schwarzer Märkte zur Umgehung der staatlichen Kontrolle und aufwendige bürokratische Kontrollen in Reaktion darauf genannt werden.
Der Vorteil fester Wechselkurse liegt in der Einfachheit und Sicherheit der Umrechnung. Dies unterstützt ganz allgemein den Austausch der Währungen zwischen den Nationen und stärkt somit den Handel. Die aufwendige Verwaltung, die zum Wechsel der Währungen bei schwankenden Wechselkursen nötig ist, entfällt hier ebenso wie die Unsicherheit, wie sich die Kurse in der Zukunft entwickeln werden.
Die Vorteile fester Wechselkurse sind die Nachteile wechselnder Raten und umgekehrt. Der große Vorteil floatierender Wechselkurse liegt nämlich darin, daß sie es den einzelnen Ländern ermöglichen, ihr Geldangebot unabhängig voneinander zu bestimmen. Dies ist bei festen Kursen nicht möglich, da hierbei die nationalen Geldpolitiken nicht voneinander zu trennen sind.
In der Praxis sind die heute eingesetzten Wechselkurssysteme oft nicht mehr eindeutig einem der hier vorgestellten Systeme zuzuordnen. Meist sind sie viel komplexer und bestehen aus einer Mischung aus diesen Systemen. So werden wir sehen, daß dies auch für das im EWS verwendete Wechselkurssystem gilt.
3. Das Europäische Währungssystem (EWS)
3.1 Vorgeschichte des EWS
Das EWS war keine kurzfristige Entwicklung, sondern hat sich über die Jahre aus dem Europäischen Wechselkursverband und anderen Währungsordnungen entwikkelt. Begonnen hat diese Entwicklung allerdings erst durch den Zusammenbruch des Bretton- Woods- Systems.
3.1.1 System von Bretton Woods
Im Juli 1944 wurde auf der "Währungs- und Finanzkonferenz der Vereinten Nationen" in Bretton Woods (USA) eine Währungsordnung vereinbart, welche am 27. Dezember 1945 offiziell in Kraft trat. Dieses nach dem Tagungsort benannte Abkommen beinhaltete als Hauptbestandteile ein integriertes Wechselkursregime und Vereinbarungen über den Internationalen Währungsfonds (IWF). Die Bundesrepublik Deutschland ist seit 1952 Mitglied des IWF.
Jedes Mitgliedsland war verpflichtet, für seine Währung eine Paritätl in einem Goldgewicht oder indirekt über den US- Dollar fest zu vereinbaren. Eine Änderung war nur zulässig, um eine grundlegende Störung des Gleichgewichtes zu beheben. Weiterhin waren die Länder verpflichtet, die Wechselkurse in bestimmten Bandbreiten zu verteidigen. Am Anfang lagen diese Bandbreiten bei +-1 Prozent, später, im Jahre 1971, wurden sie jedoch auf +-2,25 Prozent angehoben.
Im Kern stellt das Bretton- Woods- System also ein auf festen Wechselkursen basierendes System dar, im welchen sich die Währungen am Gold orientieren oder aber am Dollar und somit indirekt wieder am Gold. Aber zu Beginn der 70er Jahre wurde dieses System der festen Wechselkurse immer mehr in Frage gestellt. Im März 1973 brach das System dann schließlich zusammen, da praktisch alle wichtigen IWF- Mitglieder die Interventionen zugunsten des US- Dollar eingestellt hatten. Rechtlich blieb das System noch bis 1977/78 existent, faktisch war es aber seit 1973 ohne Bedeutung. Es blieb den Ländern selbst überlassen, ob sie ihre Währung frei floaten ließen, ob sie einen regionalen Währungsverbund gründeten oder welches Regime sie für ihren Wechselkurs wählten. In Europa wurde deshalb der Europäische Wechselkursverbund eingeführt.
3.1.2 Europäischer Wechselkursverbund
Noch unter Geltung des Bretton- Woods- Systems wurde im Mai 1972 der Europäische Wechselkursverbund gegründet. Oftmals wird dieser Verbund auch kurz als "Schlange" oder "Währungsschlange" bezeichnet. Mitglieder des Wechselkursverbundes waren die Bundesrepublik Deutschland, Dänemark, Belgien, Niederlande, Luxemburg, Norwegen, Irland, Großbritannien, Italien, Schweden und Frankreich. Allerdings waren nicht alle genannten Länder dauerhafte Mitglieder im Wechselkursverbund, insbesondere Frankreich änderte mehrmals seine Zugehörigkeit zum Verbund.
Ähnlich wie das EWS besaß auch schon der Europäische Wechselkursverbund ein Interventions- und ein Beistandssystem. Für die Mitgliedswährungen wurden gegenüber den Partnerwährungen Interventionskurse festgelegt (+-2,25 Prozent) und bei Erreichen dieser Kurse mußten die jeweiligen Zentralbanken am Markt intervenieren. Das Beistandssystem bot die Möglichkeit des kurzfristigen Währungsbeistandes der EG- Notenbanken. des mittelfristigen finanziellen Beistands der EG-Mitgliedsländer und ein System der Gemeinschaftsanleihen. Da das EWS ähnliche Systeme beinhaltet, möchten wir jedoch erst später genauer auf diese Systeme eingehen.
Doch auch nach der Einführung des Europäischen Wechselkursverbundes gab es immer wieder Initiativen zur Verstärkung der monetären Integration in Europa, wie beispielsweise die Jenkins- Initiative und die Schmidt- Giscard- Initiative2. Besonders die Schwäche des US- Dollar scheint eine wichtige Voraussetzung für die Diskussion über die Einführung des EWS gewesen zu sein.
3.1.3 Inkrafttreten des EWS
Das Konzept für ein Europäisches Währungssystem wurde von Schmidt und Giscard auf dem EG- Gipfel im April 1978 in Kopenhagen vorgestellt und später auf dem Gipfel in Bremen dann auch in einem Basisbeschluß gegen den Widerstand der
britischen Regierung verabschiedet. Dieser vorläufige "Bremer- Plan" hatte folgende Bestandteile:
. Die einzelnen Währungen durften nur bis zu 2,25 % von den festgelegten Leitkursen abweichen (erweiterte Bandbreiten als Sonderfall möglich).
. Die Leitkurse innerhalb des EWS sollten nur in gegenseitigem Einvernehmen geändert werden können.
. Nicht- Mitglieder sollten die Möglichkeit erhalten, assoziierte Mitgliedsländer des EWS zu werden.
. Ein Teil der Währungsreserven (US- Dollar und Gold) der Zentralbanken der Mitgliedsländer sollte bei der Gemeinschaft hinterlegt werden. Diese Mittel sollten nach spätestens zwei Jahren in einem Europäischen Währungsfonds (EWF) zusammengefaßt werden und somit den am 03.04.1973 gegründeten Europäischen Fonds für währungspolitische Zusammenarbeit (EFWZ) ablösen.
. Die dem EWF oder EFWZ zufließenden Mittel sollten zur Deckung einer zu schaffenden Europäischen Währungseinheit (ECU) verwendet werden.
. Diese neu zu schaffende Währungseinheit sollte als Berechnungsmittel zwischen den Währungsbehörden der EG dienen..
. Die in den Währungsfonds eingebrachten Mittel solllen zur Stabilisierung der Wechselkurse zwischen den Mitgliedsländern zur Verfüung stehen.
. Die notwendig werdenden Interventionen sollten in den Währungen der beteiligten Länder erfolgen.
. Stärkere Koordinierung der Wechselkurspolitik der Mitgliedsländer gegenüber Drittländern (insbesondere den USA).
. Schaffung einer größeren Stabilität in allen Mitgliedsländern.
Auf der Basis des Bremer- Plans wurde das EWS dann am 1. Januar 1979 eingeführt. Offiziell wurde das EWS allerdings erst am 13. März 1979 in Kraft gesetzt, da es Unstimmigkeiten zwischen Deutschland und Frankreich bezüglich der Auswirkungen des EWS auf den Agrarmarkt gab. Angehörige des EWS sind die EU-Länder, ausgenommen Griechenland, Großbritannien und Portugal. Spanien trat dem EWS am 19. Juni 1989 bei.
3.2 Ziele des EWS
Das vorrangige und zentrale Ziel des EWS ist die Errichtung einer "stabilen Währungszone in Europa"3. Durch die Errichtung des EWS soll eine Stabilisierung der Wechselkurse erreicht werden, um Störungen, welche aus den unterschiedlichen
Wechselkurspolitiken der einzelnen Länder resultieren, auszuschalten. Als weiteres Ziel des EWS ist natürlich auch die Förderung der inneren Stabilität der Länder anzusehen, allerdings wird dieses Ziel oftmals nur als eine Hilfs- oder Unterstützungsfunktion für das Hauptziel, der Förderung der Wechselkursstabilität, angesehen.
3.2.1 Äußere Stabilität
Um eine stabile Währungszone in Europa zu ermöglichen, müssen die Wechselkurse stabil gehalten werden. Zur Erreichung dieses Ziels sind deshalb folgende Punkte von Bedeutung:
. Die Wechselkurse dürfen sich nur innerhalb einer Bandbreite von +-2,25% um die bilateralen Leitkurse bewegen.
. Interventionen in unbegrenzter Höhe bei Erreichen der Interventionspunkte, damit ein Verlassen der zulässigen Bandbreite verhindert wird
. Die bilateralen Leitkurse können nur nach einstimmigen Beschluß aller Mitgliedsländer geändert werden, da hierdurch die Zusammensetzung der ECU berührt wird.
. Es existiert ein umfangreiches Beistandsystem, welches es jedem Land ermöglicht, die notwendigen Interventionen auch zu finanzieren.
. Zusätzlich soll der Abweichungsindikator für den Zusammenhalt im System und somit auch im Sinne der Wechselkursstabilisierung wirken.
Interventionen und Beistandssysteme haben hierbei die Funktion, einem Land mit
schwacher Währung diejenige Liquidität in starker Gemeinschaftswährung zur Verfügung zu stellen, damit es einen Spielraum für notwendige innere Anpassungen erhält.
3.2.2 Innere Stabilität
Das EWS soll eine auf größere innere Stabilität gerichtete Politik, insbesondere für Defizit- und Überschußländer, fördern. Das EWS besitzt allerdings keine Instrumentarien, welche dies untermauern. Im Gegenteil können z.B. Instrumente des EWS, wie der Beistandsmechanismus, sich im ungünstigsten Fall eher negativ auf die innere Stabilität des betroffenen Landes auswirken.
Das EWS kann sowohl äußere als auch innere Stabilität nur fördern, wenn die beteiligten Länder eine Konvergenz der Inflationsrate erzielen, da hierdurch Leitkursänderungen immer seltener notwendig werden. In Defizitländern würde dies eine verschärfte Stabilitätspolitik erfordern, in Überschußländern dagegen eine eher expansive Politik zum Abbau des Stabilitätsvorsprunges. Für das Überschußland ergibt sich hieraus allerdings ein Konfiikt, da es einerseits die Stabilität der Wechselkurse fördern soll und dem Defizitland für seine Anpassung Liquidität zur Verfügung stellen soll, aber andererseits eine restriktive Politik durchführen soll, welche auf mehr innere Stabilität gerichtet ist.
Das Ziel der inneren Stabilität kann nicht schon aus dem bloßen Funktionieren des EWS selbst erreicht werden, sondern nur dann, wenn in allen Ländern eine ernsthafte Antiinflationspolitik betrieben wird und somit die Wechselkursstabilität nicht immer wieder in Frage gestellt wird. Auf die Auswirkungen des EWS bezüglich der Inflation in Deutschland gehen wir in Kapitel 4 noch genauer ein.
3.3 Elemente des EWS
Das EWS ist nicht etwa ein System, welches in einem Vertrag oder Beschluß zusammengefaßt ist, sondern ist vielmehr ein Netzwerk von alten und neuen Beschlüssen und Verträgen. Im folgenden sind die wichtigsten Elemente des EWS kurz aufgezeigt.
3.3.1 EuropäischeWährungseinheit
Die Europäische Währungseinheit (ECU) ist eine Weiterentwicklung der Europäischen Rechnungseinheit (ERE) aus dem Jahre 1979.
Die ECU ist definiert als ein Standardkorb, welcher sich aus festen Beträgen der EG- Währungen zusammensetzt. Die Gewichtung der Beträge erfolgt nach der wirtschaftlichen Bedeutung der einzelnen Staaten. Auf der Basis von repräsentativen Dollarkursen der ECU- Korbwährungen wird täglich die Wertsumme der Währungsbeträge ermittelt (ECU- Tageswert). Der Wert der ECU in einer Einzelwährung wird dabei als ECU-Leitkurs bezeichnet. Die Funktionen der ECU im einzelnen:
. Rechnungseinheit im Wechselkursmechanismus und Kreditsystem;
. Zahlungsmittel zwischen den Währungsbehörden und zum Saldenausgleich;
. Grundlage des Abweichungsindikators
Die ECU spielt eine zentrale Rolle im EWS, neben der ökonomischen Bedeutung weist sie auch einen großen politischen Stellenwert auf.
3.3.2 Reservesystem
Im Gegensatz zum Europäischen Wechselkursverbund sieht das EWS die Hinterlegung von Reservewährungsbeständen beim EFWZ vor. Jede Zentralbank, die am Wechselkursmechanismus teilnimmt, muß 20% ihrer Gold- und Dollarbruttoreserven nach dem Stand des letzten Geschäftstages des letzten Monats vor Inkrafttreten des Abkommens hinterlegen.
Zentralbanken, welche nicht am Wechselkursmechanismus teilnehmen, können - müssen aber nicht - ebenfalls Reserven hinterlegen. Ein Beispiel hierfür ist die "Bank of England". Im Gegenzug räumt der EFWZ den Zentralbanken ein ECU-Guthaben in Höhe der hinterlegten Reserven ein. Diese Guthaben können von den Zentralbanken untereinander zur Durchführung des Saldenausgleichs im Zahlungsverkehr verwendet werden.
3.3.3 Interventionssystem
Das Interventionssystem dient zur Stabilisierung der Wechselkurse im EWS. Wie schon erwähnt sind die Notenbanken verpflichtet, zu vorgegebenen Interventionspunkten Gemeinschaftswährungen zu stützen, damit die Kurse der Gemeinschaftswährungen nicht über die festgesetzte Bandbreite von +-2,25% (Italien +-6%) hinaus ansteigen oder absinken. Insofern stellt das EWS ein Festkurssystem dar, bei dem sich die Kurse innerhalb vorgegebener Intervalle bewegen, sich aber nicht über die Intervallgrenzen hinaus verändern können.
3.3.4 Abweichungsindikator
Dieser Indikator dient zur Feststellung von Abweichungen zwischen den Gemeinschaftswährungen. Er zeigt das Erreichen bestimmter "Abweichungsschwellen" an, also die Grenze jenes Spielraums, in dem sich eine Währung bewegen kann, ohne den Indikator auszulösen. Der Abweichungsindikator wird berechnet, indem die tatsächliche Abweichung zwischen ECU- Tageskurs und ECU- Leitkurs mit der maximal möglichen Abweichung verglichen wird.
Bei Auslösung des Abweichungsindikators sind folgende, unverbindliche Maßnahmen vorgesehen:
. Interventionen in mindestens zwei verschiedenen Währungen
. interne währungspolitische Maßnahmen
. Änderung der Leitkurse
. andere wirtschaftspolitischeMaßnahmen.
3.3.5 Kredit- und Beistandsmechanismus
Ein wichtiges Instrument des EWS ist der Kredit- und Beistandmechanismus. Er ist in drei Bereiche unterteilt: die "sehr kurzfristige Finanzierung", der "kurzfristige Währungsbeistand" und der "mittelfristige finanzielle Beistand". Weiterhin gibt es als langfristiges Instrumentarium noch die Gemeinschaftsdarlehen.
3.3.5.1 Sehr kurzfristige Finanzierung
Wie schon erwähnt sind die Notenbanken verpflichtet, der Höhe nach unbegrenzt zu intervenieren, wenn die Wechselkurse die festgelegte Bandbreite überschreiten. Demzufolge ist auch die sehr kurzfristige Finanzierung in der Höhe unbegrenzt. Allerdings ist die Zeit der Inanspruchnahme auf 45 Tage begrenzt.
3.3.5.2 Kurzfristiger Währungsbeistand
Zur Überbrückung von kurzfristigen und vorübergehenden Zahlungsbilanzschwierigkeiten wurde der kurzfristige Währungsbeistand als Kreditfazilität zwischen den Zentralbanken der EG eingerichtet. Beim kurzfristige Währungsbeistand existieren jedoch keine wirtschaftlichen oder währungspolitischen Auflagen. Der Beistand wird für drei Monate gewährt, kann aber auf Antrag zweimal um jeweils drei Monate verlängert werden.
3.3.5.3 Mittelfristiger finanzieller Beistand
Im Gegensatz zum kurzfristigen Beistand ist ein mittelfristiger Beistand in der Regel mit wirtschaftspolitischen Auflagen für den Schuldner verbunden. Die Kredite haben eine Laufzeit von zwei bis fünf Jahren und werden vom Ministerrat der EG vergeben.
3.3.5.4 Gemeinschaftsdarlehen
Mit Gemeinschaftsdarlehen sind einerseits EG- Gemeinschaftsdarlehen gemeint und andererseits "Sonderdarlehen".
Die EG- Darlehen sollen Mittel zur Finanzierung von Investitionsvorhaben im Bereich der Infrastruktur und der Energieversorgung bereitstellen.
Die Darlehen zu Sonderbedingungen hingegen sind zur Stärkung des Wirtschaftspotentials von weniger wohlhabenden Mitgliedstaaten des EWS gedacht. Die Organe der Gemeinschaft sollen diese Darlehen für einen Zeitraum von fünf Jahren zur Verfügung stellen.
3.3.6 Europäischer Fonds für Währungspolitische Zusammenarbeit
Dem EFWZ werden folgende Funktionen zugewiesen:
. Interventionen in Gemeinschaftswährungen auf den Devisenmärkten
. Saldenausgleich zwischen den EG- Zentralbanken
. Entwicklung einer gemeinsamen Reservepolitik
. Förderung der schrittweisen Verringerung der Bandbreiten zwischen den
Gemeinschaftswährungen.
Der EFWZ wird von einem Verwaltungsrat geleitet, welcher sich aus den Mitgliedern des Ausschusses der Zentralbankpräsidenten zusammensetzt. Weiterhin sind noch Luxemburg und die EG- Kommission im Verwaltungsrat vertreten.
4. Auswirkungen des EWS auf die Inflation in Deutschland
4.1 Wechselkursauswirkungen des EWS
4.1.1 Befürchtungen
Zu Beginn des EWS wurden zahlreiche Spekulationen über die Krisenfestigkeit des EWS angestellt. Es gab durchaus einige Zweifel an dessen Stabilität. So wurde spekuliert, daß die Verzerrungen, die ungefähr ein halbes Jahr nach Gründung des EWS auftraten, nur unzulänglich durch Wechselkursbereinigung beantwortet werden. Ebenso wurde befürchtet, daß weitere Spannungen durch Diskrepanzen in der Entwicklung der nationalen Preisniveaus unvermeidlich seien und die deutsche Inflationsanpassung möglicherweise nicht ausreichen würde, um die Wechselkurse dauerhaft in den Grenzen des Paritätgitters zu halten. Weiterhin gab es Meinungen, daß die politische Zusammenarbeit aller Beteiligten zu große Hindernisse darstellen würde, um rechtzeitig mit notwendigen Wechselkursänderungen Zuspitzungen zu beseitigen. Gerade die Bundesrepublik würde es schwer haben, sich der importierten Infiation aus den Partnerländern zu entziehen, speziell durch zusätzliche Schwierigkeiten bei dem System des Grenzausgleichs für die Agrarmärkte.
Kurz, es gab eine große Anzahl Befürchtungen, die dem EWS eine "labile Gründung hoher Empfindlichkeit und das Fehlen von Ansätzen zu einer wirklich überzeugenden Harmonisierung auf der Grundlage von Geldwertstabilität"4 bescheinigt.
Es kann nicht geleugnet werden, daß eine Inflationsübertragung, sprich importierte Inflation, von den Partnerländern des EWS auf Deutschland stattgefunden hat. Doch auf welchen Gebieten und vor allem in welchem Umfang fand dies statt?
4.1.2 Auswirkungen auf den Export
Vergleicht man die Preisniveauentwicklung verschiedener Länder mit den deutschen Ausfuhrpreisen, speziell für in EG- Staaten exportierte Investitions- und Luxusgüter, so erwies sich, daß diese Entwicklungen weitgehendst voneinander unabhängig waren. Nur bei dem Export von Grundstoffen bestand eine große Abhängigkeit von der europäischen Grundstoffpreisentwicklung. So zeigt auch die Tatsache, daß die Bundesrepublik ihre Ausfuhren in die EG- Länder in den Jahren 1979- 1981 um 16,2%, 10,9% und 7,9% jeweils gegenüber dem Vorjahr ausweiten konnte, während die Ausfuhrpreise in den entsprechenden Perioden weit geringer stiegen, nämlich um 4,8%, 6,2% und 5,3%5, die Preisniveauunabhängigkeit des Exports.
4.1.3 Auswirkungen auf den Import
Auf der Importseite läßt sich der internationale Preiszusammenhang durch Aufwertungen der D- Mark unterbrechen. Solange es beim Erreichen der Interventionspunkte früh genug gelingt, die Wechselkurse anzupassen und so die Einfuhrpreise konstant zu halten oder wenigstens nicht schneller als das Inlandspreisniveau steigen zu lassen, solange kann der Infiationsimport durch direkte Preiseffekte minimiert werden. Allerdings ist eine Aufwertung der D- Mark von den Devisenmärkten abhängig. Solche Wechselkursänderungen sind in den EWS- Vereinbarungen ausdrücklich vorgesehen.
Es gibt allerdings auch einige Gründe, diese Paritätsänderungen zu verzögern:
. Da die Anpassungen der Leitkurse in gegenseitigem Einvernehmen vorgenommen werden, bei dem alle am Wechselkursmechanismus beteiligten Länder und die Kommission einbezogen sind, ist ein relativ großer Verhandlungsaufwand zu deren Durchführung von Nöten. Dieser Konsens wird insbesondere durch die große Mitgliederzahl erschwert.
. Weiterhin hat sich in der Vergangenheit gezeigt, daß die politischen Instanzen erst nach spekulationsbedingten Devisenzuflüssen und Interventionen reagierten, so daß man hoffte daß solche Spannungen durch begrenzte Interventionen und zinspolitische Maßnahmen wieder abgebaut werden können.
. Durch das hohe verfügbare Kreditpotential von 14 Mrd. ECU bei der Einrichtung des EWS6 können Interventionen über lange Zeit finanziert und so notwen
dige Wechselkursanpassungen verzögert werden.
. Der Abweichungsindikator ist nicht immer geeignet, auftretende Spannungen im Währungsgefüge frühzeitig anzuzeigen. So können Mitgliedswährungen ihren Interventionspunkt überschreiten, ohne die Abweichungsschwelle zu passieren. Dies tritt insbesondere dann auf, wenn zwei Währungen an ihren gegensätzlichen Interventionspunkten stehen und die übrigen Währungen sich innerhalb eines Bereiches zwischen diesen beiden Währungen befinden.
. Paritätsänderungen können ihrerseits, wie in Kap. 4.1.1 bereits angesprochen, durch agrarpolitische Konflikte erschwert werden. So kann eine Wechselkursänderung gleichzeitig eine Änderung der Grenzausgleichsbeträge nach sich ziehen.
. Paritätsänderungen haben zusätzlich Auswirkungen auf die Exportmöglichkeiten und Inflationsgefahren. So verschlechtern sich die Exportmöglichkeiten der aufgewerteten Ländern und bei den abgewerteten Ländern steigt das Inflationsrisiko. So kann durch eine Verzögerung der Anpassungen versucht werden, einen solchen Teufelskreis zu vermeiden. Allerdings kann die Abwertung einer Währung auch den positiven Effekt einer besseren Exportchance bieten.
So zeigt sich, daß die zustänigen Instanzen des EWS kaum in der Lage sind, rechtzeitig in ausreichendem Umfang mittels Wechselkurskorrekturen zu intervenieren. Da die D- Mark ein im Handel häufig verwendetes Zahlungsmittel ist, ist sie im ECU- Währungskorb mit der höchsten Gewichtung vertreten, so daß Aufwertungen beim Erreichen der Interventionspunkte kaum in der Lage sind, die Einfuhrpreise zu halten und so einen direkten Preisanstieg vollständig zu verhindern. Daher hängt die Preisniveauentwicklung nicht nur von der Wechselkursentwicklung im EWS ab, sondern auch von der Preisniveauent~,vicklung in den einzelnen Ländern des EWS. Sie ist also ein wichtiger Punkt in der Entwicklung des Inflationsimportes in der Bundesrepublik.
4.1.4 Stabilitätsrisiken und - chancen in der Bundesrepublik
Die Stabilität der D- Mark in dem Wechselkursgefüge hängt davon ab, ob die DMark, verglichen mit den anderen Währungen, einen eher stabilen oder instabilen Binnenwert besitzt und ob ihr Außenwert zum Fallen oder Steigen tendiert.
Hieraus ergeben sich mehrere Möglichkeiten, bei denen die D- Mark bei Auf- und Abwertungen über die Grenzen der Bandbreiten hinaus tendieren kann.
. Das Preisniveau in den übrigen EWS- Ländern liegt über dem der Bundesrepublik, so daß die D- Mark aufgrund der positiven Leistungsbilanz über die zulässige Abweichung des EWS- Leitkurses zu Aufwertungen neigt. Werden Leitkursanpassungen zu spät oder in zu geringem Umfang vorgenommen, so findet über die Einfuhrpreise ein direkter Inflationsimport statt. Dieser Inflationsimport hängt von der Höhe der Preisniveaus der importierten Produkten und der Stellung der D- Mark ab.
. Wenn die D- Mark bei einer niedrigen Inflationsrate durch Abwertung über die Interventionspunkte hinaus tendiert, findet ebenfalls ein Inflationsimport primär über Importe statt. Die fixen Wechselkurse verhindern jedoch eine zusätzliche Verschärfung der Einfuhrpreise durch Abwertung.
. Bei einer hohen Inflationsrate der D- Mark und bei Tendenzen zur Aufwertung über die Interventionspunkte gegenüber den anderen EWS- Währungen findet ein Stabilitätsimport aus den EWS- Ländern statt. Durch den geringen Preisanstieg der importierten Produkte wird ein Anstieg des Geamtpreisniveaus verhindert. Allerdings wird durch die Interventionen der Zentralbanken dieser Stabilitätsimport abgeschwächt, da bei weiter Aufwertung sich der Preisanstieg weiter verringern würde.
. Bei einer hohen Infiationsrate und zur Abwertung über die Interventionspunkte hinaus neigenden D- Mark, dienen die innerhalb der Bandbreite festen Wechselkurse durch die niedrigen Importpreise und dadurch, daß weitere Abwertungen der D- Mark verhindert werden, wiederum einem Stabilitätsimport. So daß durch Zentralbankinterventionen die D- Mark in der Bandbreite festgehalten wird und so der "Teufelskreis von weiteren Aufwertungen und Inflationsimpulsen"7 verhindert wird.
4.1.5 Zusammenfassung der Wechselkursrisiken
Es gibt bei dem System der festen Wechselkurse, so wie es in dem EWS praktiziert wird, eine Reihe von Faktoren, die den Inflationsimport beeinflussen. Aus diesem Grund entstehen sowohl Vorteile als auch Nachteile für die Bundesrepublik. Jedoch verhindern die festen Wechselkurse durch den Inflationsimport nicht eine aussenwirtschaftliche Absicherung, so wie anfangs oftmals angenommen wurde. Die Bundesrepublik kann sich jedoch nur durch Aufwertungen einem übermäßigen Inflationsimport entziehen, der seinerseits nur mit mehrmonatigen Verzögerungen eintritt. Eine vollständige Verhinderung ist kaum möglich, jedoch ist er weit geringer, als von einigen Kritikern zu Beginn des Systems angenommen wurde. So entstehen nicht nur Risiken, sondern durch die Pflicht der Zentralbanken, die Wechselkurse zu stabilisieren, entstehen auch Stabilisierungschancen für eine zur Abwertung neigenden D- Mark.
4.2 Die ECU als lnflationsquelle?
4.2. l Entwicklung der ECU
Die ECU erfreut sich zunehmender Popularität und dies nicht nur in politischer Sicht, sondern auch auf privaten Märkten. In wie weit gefährdet die ECU also die Stabilitätspolitik? Besteht eine Beziehung zwischen der Inflationsrate der EWS- Länder und der ECU?
Zu einer inflationären Entwicklung kommt es, wenn die Nachfrage nach Gütern und Dienstleistungen schneller wächst als das Angebot. L "~
Diese Relation zwischen Angebot und Nachfrage unterliegt natürlich vielen Faktoren, aber auf lange Sicht wird Inflation durch ein höheres monetäres als reales Wachstum angetrieben. Hat die ECU also Einfluß auf monetäres bzw. reales Wachstum? Il~q
4.2.2 Die "offizielle" ECU
Unter der "offiziellen" ECU ist hier die ECU als Recheneinheit auf Konten oder bei Transaktionen zwischen Zentralbanken gemeint8. Einzahlungen von Notenbanken an den Europäischen Fonds für Währungspolitische Zusammenarbeit werden in ECU gutgeschrieben. Diese Einzahlungen sind lediglich ein Austausch von Aktiva, die keine Auswirkungen auf den realen Güter- oder Dienstleistungsmarkt haben, solange diese Guthaben nicht für Interventionen am Devisenmarkt verwendet werden. Da diese ECU- Guthaben aber nur zu dem Zweck dienen, nationale Währungen zu Interventionszwecken zu halten, wird kein neues Geld geschaffen und so keine Verschiebung zwischen monetärem und realem Wachstum hervorgerufen.
4.2.3 Die "private" ECU
Die "private" ECU wird von Banken oder Nichtbanken zur Bewertung von Einlagen oder Wertschriften etc. benutzt9. Wenn eine Nichtbank in eine Bank ein Guthaben einzahlt, so trägt diese Einzahlung nur zur Kaufkraft bei, wenn mit ihr Güter oder Dienstleistungen gekauft werden und auch nur dann kann sie das Preisniveau beeinflussen. Die ECU kann also nur dann Inflation auslösen, wenn sie als Zahlungsmittel akzeptiert wird. Da durch die ECU als Zahlungsmittel jedoch zum Beispiel bei einem Händler zusätzliche Kosten entstehen, würden durch Doppeltauszeichnung der Ware oder Umrechnung in die Heimatwährung und vor allem dadurch, daß ihm kaum Handelspartner zur Verfügung ständen, die ihrerseits die ECU akzeptieren, wird sich die ECU kaum als allgemeines Zahlungsmittel neben den "alten" Währungen etablieren. Zumal ohnehin ein Großteil der Zahlungen nicht in ECU auszufiihren wären, wie Löhne, Steuern usw. Da die ECU also nicht direkt am Zahlungsprozeß beteiligt ist, kann sie also auch nicht direkt inflationär wirken.
4.2.4 indirekte Inflation durch die ECU
Wenn die ECU nicht direkt die Inflation beeinflussen kann, tut sie es dann indirekt?
Da die ECU sich nicht als Zahlungsmittel direkt durchsetzt, muß sie über eine andere Währung, wie beispielsweise die D- Mark abgerechnet werden. Da aber im EWS keine völlig festen Wechselkurse existieren, unterliegt die ECU einer gewissen Schwankung, so daß sie kaum für Transaktionen gehalten wird. Daher entsteht mit der Schaffung von ECU- Einlagen jedoch auch keine neue Kaufkraft, die einen inflationären Prozeß auslösen könnte.
4.2.5 Zusammenfassung der ECU- Auswirkungen
Die ECU dient dazu, Finanzmittel effizienter einzusetzen. Sie ist ein nützlicher Bestandteil für Transaktionen vornehrnlich zwischen Banken. Sie wird jedoch nicht als allgemeines Zahlungsmittel akzeptiert. Daraus ergibt sich, daß sie keine zusätzliche Kaufkraft schafft, die einen inflatorischen Prozeß hervorrufen könnte. Daher beinhaltet die Schöpfung der ECU auch keine inflatorischen Gefahren.
5. Schlußbemerkung
In der Anfangszeit des EWS konnten die Leitkurse größtenteils gehalten werden, aber zugleich beschleunigte sich jedoch der Preisauftrieb in der Gemeinschaft und die monetären Entwicklungen der Mitgliedstaaten haben sich trotz intensiveren währungs- und wirtschaftspolitischer Konsultationen weiter voneinander entfernt.
Daraus resultierten mehrere Leitkursanpassungen. Das EWS hat sich somit mehr und mehr zu einem stufenflexiblen System entwickelt und die Preissteigerungsraten der Mitgliedsstaten konvergieren nicht, wie ursprünglich erwartet, auf ein Niveau höherer Stabilität.
Länder, wie die Bundesrepublik Deutschland, die dem Ziel der Geldwertstablilät einen hohen Rang einräumen, werden in der Verfolgung dieser Zielsetzung vor allem durch den internationalen Preiszusammenhang behindert10. Mitglieder mit höheren Preissteigerungsraten hingegen sehen sich immer von neuem einer progressiven Verschlechterung ihrer Wettbewerbsposition ausgesetzt.
Es besteht somit das Risiko in einen Teufelskreis von Eingriffen in den intemationalen Kapital- und Handesverkehr zu geraten:
Zur Verteidigung des Wechselkurses unterwerfen Länder mit abwertungsbedrohter Währung den Kapitalexport immer neuen Beschränkungen und versuchen sich weiterhin durch Importrestriktionen abzuschirmen.
Obwohl das EWS nicht nur negative Auswirkungen auf die Inflation hat, bleibt das EWS doch deutlich hinter den ursprünglichen Erwartungen zurück. Und natürlich läßt sich auch nicht sagen, wie sich die Inflation in Deutschland ohne das EWS entwickelt hätte.
Literaturverzeichnis
Butt, Dietmar u.a.:
Außenwirtschaftslexikon.
2., erw. Auflage
DeutscherWirtschaftsdienst, Köln 1989
Ethier, Wilfried J.:
Modeme Außenwirtschaftstheorie
Internationale Standardlehrbücher der Wirtschafts- und Sozialwissenschaften
2. Auflage
Oldenbourg, München;Wien 1991
Franz, Otmar:
Europäische Wähnung - eine Utopie?
Libertas Verlag, Sindelfingen 1988
Hasche, Christiane:
Internationaler Preiszusammenhang im Europäischen Währungssystem
Weltwirtschaftliche Studien 20
Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 1983
Issing, Otmar u.a.:
Wechselkursstabilisierung, EWS und Weltwährungssystem.
1. Auflage
Verlag Weltarchiv GmbH, Hamburg 1988
(Veröffentlichungen des HWWA- lnstitut für Wirtschaftsforschung, Hamburg)
Kleinheyer, Norbert:
Die Weiterentwicklung des Europäischen Währungssystems.
Überlegungen zur stabilitätsorientierten Ausgestaltung der"Zweiten Stufe".
1. Auflage
Duncker und Humblot, Berlin 1987
(Veröffentlichung des Instituts für Empirische Wirtschaftsforschung,Bd. 24)
Kompendium der Volkswirtschaftslehre
4. Auflage
Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 1972
Thomasberger, Claus:
Europäische Währungsintegration und globale
Währungskonkurrenz
J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), Tübingen 1993
Wessels, Wolfgang u.a.:
Das Europäische Währungssystem.
Bilanz und Perspektiven eines Experiments.
1. Auflage
Europa Union Verlag GmbH, Bonn 1983
(Europäische Schriften des Instituts für Europäische Politik, Bd. 60)
1 Wertverhältnis zweier oder mehrerer Währungen, das auf einer bestimmten Bezugsgröße basiert (z.B. Gold oder US- Dollar).
2 Vgl. Kleinheyer, Norbert in: Die Weiterentwicklung des Europaischen Währungssystems, von 1987 S. 31- 35.
3 Vgl. Ziffer A. 1.1 der Entschließung des Europaischen Rates vom 5. Dezember 1978
über das EWS.
4 Willgerodt, Hans, Anmerkungen zum Europäischen Weltw~hrungssystem in: Die
Krisenempfindlichkeit des Weltwährungssystems, von l98l, S. 52/53
5 Hasche Christine, Konsequenzen fiir die Stabilitat des Preisniveaus in der
Bundesrepublik Deutschland in: Internationaler Preiszusammenhang im Europäischen ~,,
Währungssystem, von 1983, S. 127
6 Hasche Christine, Konsequenzen fiir die Stabilitat des Preisniveaus in der
Bundesrepublik Deutschland in: Internationaler Preiszusammenhang im Europäischen ~,,
Währungssystem, von 1983, S. 130
7Vgl. Hasche Christine, Konsequenzen für die Stabilität des Preisniveaus in der
Bundesrepublik Deutschland in: Internationaler Preiszusammenhang im Europäischen
Währungssystem, von 1983, S. 143
8 Vgl. Franz Otmar, ECU- Schöpfung und Inflation in: Europäische Währung - eine
Utopie?, von 1988, S. 25/26
9 Vgl. Franz Otmar, ECU- Schöpfung und Inflation in: Europäische Währung - eine
Utopie?, von 1988, S. 26
10 Vgl. Kapitel 4.1.3 Auswirkungen auf den Import